Die Wetterprognose sah nicht gut aus, als wir uns am frühen Morgen auf die 18 km lange Etappe von Küllstedt nach Diedorf aufmachten. Sollte Thüringen uns mit einem kräftigen Gewitter verabschieden wollen? Diedorf ist der letzte Zielort in den neuen Bundesländern, am Montag geht es nach insgesamt 395 km
– also weit mehr als der Hälfte – nach einem Ruhetag weiter nach Hessen.
Tag 22: So geht genussvolles Wandern 😊
Die Etappe von Niederorschel nach Küllstedt (22,4 km und 609 Höhenmeter) zeigte sich von der besten Seite: Überwiegend erschlossene Wanderwege, eine ausreichende Anzahl von Rastplätzen und reichlich Walderdbeeren an den Wegrändern. In eine wunderschöne Landschaft eingestreute Städchen und Dörfer machten diese Strecke zu einem reinen Wandergenuss!
Leckere Walderdbeeren
Tag 21: Am Schnützelputz Häusel über die Wipper
Merwürdiger Tiel werdet Ihr denken. Er erschließt sich aber, wenn Ihr Euch den Bericht über die 18,8 km von Bleicherode nach Niederorschel lest. Der Weg war wunderschön und mit 378 Höhenmetern der bislang Hügeligste. Die Pfade, über die ich geplant hatte, waren nicht immer als solche zu erkennen, aber der „Viewranger“ brachte uns sicher ans Etappenziel.
Ach ja, lest unten, was Moni über das Schnützelputz Häusel erzählt.
Kinderlied von unbekannt
Text zum ersten Mal gedruckt 1796
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
In Schnützelputz Häusel, da geht es sehr toll:
Da saufen die Tische und Bänke sich voll,
Pantoffeln unter dem Bette.
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
Der Tisch lag im Bette und stöhnte so lang,
da heulte der Sessel, da weinte die Bank,
ganz jämmerlich täten sie klagen.
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
Da rannte der Kessel ins Hühnerhaus,
der Ofen, der lief gleich zur Stuben hinaus,
eine spanische Mücke zu fangen.
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
Da saßen zwei Ochsen im Storchennest,
die hatten einander gar lieblich getröst
und wollten die Eier ausbrüten.
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
Es zogen zwei Störche wohl auf die Wacht,
die hatten ihr‘ Sache gar wohl bedacht
mit ihren großmächtigen Spießen.
So geht es in Schnützelputz Häusel:
Da singen und tanzen die Mäusel,
da bellen die Schnecken im Häusel.
Ich wüßte der Dinge noch mehr zu sagen,
die sich in Schnützelputz Häusel zutragen,
gar lächerlich über die Maßen
Tag 20: Auf der Suche nach dem richtigen Weg
Unsere heutige Etappe war mit mehr als 24 km länger als geplant. Das lag vor allem daran, dass die OpenStreetMap im Bereich zwischen Sundhausen und Bleicherode – wie vermutlich auch in anderen Bereichen – nicht aktuell ist. Mehrmals mussten wir unseren Weg neu suchen, inclusive der Querung von Bahngleisen und die Nutzung von Traktorspuren in Getreidefeldern.
Tag 19: Vier Bundesländer – Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und nun Thüringen
Die 20,9 km lange Etappe vom Stausee Kelbra (Abschied ohne jede Wehmut) nach Sundhausen führte uns in das vierte Bundesland unserer Wanderung von Tür zu Tür. Nach Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind wir heute in Thüringen angelangt. Mehr als 300 km liegen nun schon hinter uns.
Kleiner Nachtrag zu gestern
Besuch in bzw. vor unsrer Hütte im Seecamping Kelbra:
Meine ehem. Kollegin und Freundin Claudia kommt tatsächlich angebraust- nach der Arbeit(!!!) und hat auch gleich die richtigen Gastgeschenke im Gepäck- u. a. Franzbranntwein. Wo wir gerade überlegten, womit wir abends unsre kochenden Füße beruhigen könnten. Tolle Sache das- und eine dauerhafte Erinnerung an einen wunderbar verquasselten Nachmittag.
Danke nochmals und bis vlt. mal im Garten in Apolda.
Tag 18: Wir machen das Beste draus!
Ruhtag im „Seecamping Kelbra“. Hätten wir besser nur aus etwas Entfernung gesehen, die Lage ist nämlich sehr ansprechend. Allerdings darf man beim gebuchten Bungalow, dem Platz und auch dem See nicht genauer hinschauen. Nur so viel: Wie der Platz bei Google auf eine Bewertung mit **** kommt, ist uns ein Rätsel. Von uns gab’s – weil nicht anders möglich – einen *.
Das Titelbild zeigt das Rathaus in Kelbra.
Lest unten was Herbert zu Monis Tierliebe zu sagen hat:
(Herbert) Monis Tierliebe geht wirklich zuweit!
Heute im „Penny“ endeckt Moni doch tatsächlich einen entlaufenen Flamingo aus Flamingo-Beach. (siehe Archivfotos) Zugegeben: Er befand sich keineswegs in artgerechter Tierhaltung, sondern musste sich eine Krabbelbox mit Fußbällen, Seifenblasen und-besonders perfide:-Löwen-teilen.
Er hatte es also wirklich nicht gut getroffen auf seiner Flucht, und Moni war gleich im „Rettungsmodus“. 🙄
Aber würde es ihm denn besser gehen, wenn er die nächsten 500 km im Rucksack verbrächte? Und außerdem: Woher all die Krebse zur Fütterung nehmen, wo es doch schon für uns hier erschwerte Bedingungen z. B. beim Kauf von Cola Zero gibt!
Also hab ich mich EINMAL durchgesetzt und Moni musste den rosa Kerl wieder zurücklegen. Natürlich unter lautem Protestgeheul.
Aber: ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss – und Morgen gehts wieder weiter – gen Westen in den Sonnenuntergang – versteht sich.
Tag 17: Die Raben fliegen noch
Bevor wir uns auf die 23 km von Sangerhausen nach Kelbra machten, hätten wir gerne einen Kaffee getrunken. Aber Überraschung: Hollys Rast – wir übernachteten hier – hatte gesclossen. Beim Norma-Bäcker gegenüber eine Coffee-to-go geordert und getrunken, Zimmerschlüssel in den Briefkasten und los.
Was es mit dem Beitragstitel auf sich hat, lest Ihr unten.
Rast mit Blick auf den Kyffhäuser
Eine der bekanntesten literarischen Bearbeitungen der Kyffhäusersage ist das 1817 von Friedrich Rückert verfasste Gedicht Barbarossa:
Barbarossa
Der alte Barbarossa,
Der Kaiser Friederich,
Im unterirdschen Schlosse
Hält er verzaubert sich.
Er ist niemals gestorben,
Er lebt darin noch jetzt;
Er hat im Schloß verborgen
Zum Schlaf sich hingesetzt.
Er hat hinabgenommen
Des Reiches Herrlichkeit,
Und wird einst wiederkommen,
Mit ihr, zu seiner Zeit.
Der Stuhl ist elfenbeinern,
Darauf der Kaiser sitzt;
Der Tisch ist marmelsteinern,
Worauf sein Haupt er stützt.
Sein Bart ist nicht von Flachse,
Er ist von Feuersglut,
Ist durch den Tisch gewachsen,
Worauf sein Haupt ausruht.
Er nickt als wie im Traume
Sein Aug halb offen zwinkt;
Und je nach langem Raume
Er einem Knaben winkt.
Er spricht im Schlaf zum Knaben:
Geh hin vors Schloß, o Zwerg,
Und sieh, ob noch die Raben
Herfliegen um den Berg.
Und wenn die alten Raben
Noch fliegen immerdar,
So muß ich auch noch schlafen
Verzaubert hundert Jahr.
Schlaf gut weiter! Es geht auch ohne Kaiser!
Tag 16: Durch den Mansfelder Dschungel
Heute machten wir uns auf die 18,5 km lange Strecke von Wimmelburg nach Sangerhausen. Es ging harmlos los, führte uns dann aber tief in den Mansfelder Dschungel. Scheinbar haben die Mansfelder den Begriff „Naturbelassene Pfade“ zu wörtlich genommen.
Zum Glück nicht. Also wieder ein typischer Abschluss der Tour: Vorbei an Kleingarten anlagen in ein Gewerbegebiet – bei Edeka zum Abendessen und für den Sonntag einkaufen – dann zur Pension. Diesmal am entgegengesetzten Stadtrand. Also muss ein Taxi- Lift her 😁.
Tag 15: Eine runde Zahl – 250
Mit den 17 km der heutigen Etappe von Höhnstedt nach Wimmelburg haben wir die 250 km-Marke geknackt!
Wieder war es ein Wettlauf mit der heranziehenden Gewitterfront. Als das Grollen stärker wurde und die Regenfront heranzog, entschieden wir uns dazu, Eisleben schnell zu passieren und auf eine Ortsbegehung zu verzichten. Egal: Die ersten 250 km sind geschafft, lest unten, was Moni dazu schreibt…
(Moni) 250 km. Wandern. Ich.
Wenn mir das jemand vor ein paar Jahren prophezeit hätte- ich hätte es nicht geglaubt.
Heute haben wir dieses Etappenziel erreicht. Ohne Herbert keine Chance- und nicht nur wegen meiner miesen Orientierung. Herbert (wie zu erwarten war, vorzüglich vorbereitet) legt die Tagesstrecken fest, ermahnt mich genug zu trinken, fordert Pausen ein und bleibt immer wieder gerade dann zum Fotografieren stehen, wenn meine Füße nicht so recht weiter wollen. Meistens haben wir den gleichen Rhythmus, dasselbe Schritttempo, es tut gut im Einklang zu gehen. Manchmal gehen wir minutenlang wortlos, froh den Atem zum Atmen zu haben, „Strecke zu machen“ und auch unsren Zipperlein davon zu laufen.
Oder wir lauschen den unzähligen Vögeln. Wer (sieht und) hört schonmal zwei Zilpzalps im Baum zilpzalpen? Jeden Tag freuen wir uns, wenn unser „Begleit-Kuckuck“ ruft- vom ersten Tag an bis heute ist er dabei. (seine Freunde ebenso 😉 )
Es hat eine Weile gedauert sich einzulaufen, das Gewicht des Rucksacks zu vergessen, die Tagesform den zu bewältigenden Kilometern anzugleichen. (geht das überhaupt?)Jetzt, und auch schon seit einigen Tagen, haben wir beide das Gefühl „es zu schaffen“. Es läuft.
Die Blumen, die Bäume, die Schmetterlinge und Vögel, der Waldboden und die Wiesen, der Duft und die kreuzenden Käferchen und brummenden Brumseln geben schließlich alles, damit wir das Leben und diese Wanderung genießen.
Und am Abend die Dusche und eine gute Matratze.
Tag 14: Wettlauf gegen das Wetter
Der Wetterbericht prognostiziert – je nach Wetterdienst – Gewitter ab 14 bzw. 16 Uhr, als wir uns um 7.00 Uhr auf die 23,5 km lange Etappe machen. Ins Gewitter zu kommen, wollten wir unbedingt vermeiden, war doch am Tag vorher ein Mann in unserem heutigen Zielort Höhnstedt vom Blitz erschlagen worden. Vorab: Den Wettlauf haben wir gewonnen, aber Moni berichtet unten über ganz andere Probleme….
Treffpunkt „Hackmobil“
Moni über den Wert des Hackmobils
Im Ferienhof Merbitzer Berg, wo wir gestern ziemlich rustikal übernachteten, gibts kein Frühstück. Am Vortag hatten wir uns noch im „Netto“ (kurz vor Löbejün) mit Obst, Tomaten und Süßkram eingedeckt, im Glauben genug Proviant für die 23 km nach Höhnstedt zu besitzen.
Weit gefehlt!
Rastbänke sind ja schon von Beginn unsrer Wanderung an als kaum vorhanden unangenehm aufgefallen. Dass es aber (und ebenfalls auch nicht zum ersten Mal) keine Möglichkeit gibt was zu essen- und noch wichtiger- was zu trinken zu kaufen- auf der gesamten!!! Strecke- damit hatten wir nicht gerechnet, als wir gestern unsre Vorräte verzehrten.
Schuld eigen, jaja.
So wird man/ frau notgedrungen wieder zum Fleischfresser.
Als wir ausgehungert und ausgedörrt in Schochwitz landen, steht da ein sogenanntes „Hackmobil“. Einmal/Woche beliefert es die umliegenden vollständig Lebensmittelladen-befreiten Dörfer mit Wurst und Fleischwaren.
Ok. Wir werden (als Vegetarier/in) ein Würstchen wohl überleben. Aber wir sind auch sehr sehr sehr durstig und das Hackmobil hilft uns da nicht weiter.
In der Corona-Schlange stehend, komme ich mit einigen Frauen ins Gespräch, und so erfahre ich, dass man bis NACH Höhnstedt nix und noch weniger als nix zu trinken kaufen kann. Alle Gasthäuser geschlossen- wahlweise wegen Wende oder Corona, alle Läden weg- auch eine der üblen Folgen der Wende. „Ohne Auto geht hier gar nichts mehr.“ Wir müssen ziemlich bedröppelt drein geschaut haben, denn eine der Frauen schwingt sich auf ihr Fahrrad („Ich wohne hier gleich um die Ecke“) und kommt mit 4 kleinen Flaschen Sprudel zurück.
Was für eine tolle Geste!
Und das ist jetzt schon auffallend bei unsrer Wanderung: Die große, unkomplizierte Hilfsbereitschaft der Leute, die uns so oft entgegen gebracht wird. Vielen Dank an dieser Stelle an die netten Männer und Frauen, die wir wahrscheinlich nie wieder sehen werden.
„Bleiben Sie gesund!“